... bist DU!
Koans sind „Upayas“ oder „hilfreiche Mittel“, die in der Traditon des Zen, vornehmlich in der Rinzai-Schule benutzt werden, um den Schüler zu einer nicht-dualistische Verwirklichung zu verhelfen. Beispiele sind „Der Klang der Einen Hand“ (im Gegensatz zu zwei Händen) oder das Koan „Mu!“ – die Antwort auf die Frage, die Meister Joshu einem Schüler gibt, der ihm die Frage gestellt hat, ob denn auch ein Hund die Buddha-Natur hat. „MU!“ [energisch]
Verwirrt? Richtig, das ist der Sinn der Übung. Der analysierende Verstand wird an seine Grenzen geführt. Im Kloster-Setting tragen die Schüler dann ihr Koan mit sich herum und werden täglich mehrmals zum Interview mit dem Meister gebeten, wo sie ihr Verständnis demonstrieren sollen. Das produziert dann den Druck und die Anspannung, um die Schale des Egos schließlich – wenn auch kurz – in der Lösung aufbrechen zu lassen.
Zu lösen hat man nur eines: sich selber. Die Integrale Theorie gibt uns schöne Kategorien an die Hand, um zu erklären, was da vor sich geht. Den Universal-Schlüssel für Koan-Lösungen, oder zumindest den entscheidenden Schritt bietet folgende Formel:
Gehe von der 3. Person zur 1. Person Perspektive.
Die 3. Person-Perspektive ist hilfreich, um die Welt zu beschreiben, zu analysieren, zu kategorisieren. Genau das, was jetzt in diesem Blog-Posting in Bezug auf die Koan-Arbeit im Zen geschieht. Wir beschreiben von außen, gewissermassen aus der Distanz, wie der Sachverhalt aussieht. Aus der Entfernung erkennt man Muster, die man aus der Nähe nicht sehen kann.
Die 1. Person Perspektive ist unmittelbar teilnehmend und distanzlos. Sie ist gelebtes Sein, unbeschreiblich ohne die korrespondierende Erfahrung. Wie erklärt man den Geschmack von Erdbeerkuchen? Nun, am hilfreichsten ist es hineinzubeissen und selber zu probieren. Die 1. Person Erfahrung ist subjektiv und direkt zugänglich – wenn man denn den Sprung vom Beckenrand des analytischen Denkens in den Pool des Seins mal gewagt hat.
Die Empfehlung lautet also: Spring rein in die 1. Person Erfahrung dessen, worum es in dem Koan geht. Wenn sich also in der Koan-Geschichte jemand mit dem Hammer auf den Finger haut, analysier nicht die Bedeutung des Schmerzes vor dem Hintergrund der buddhistischen Kosmologie und der Lehre von der Vergänglichkeit aller relativen Erscheinungen, sondern SCHREI laut „AUUAAAAA!!!“ Raus aus der Birne, rein ins Leben – oder: raus aus dem 3. Person-Modus, rein in den 1.Person Modus.
Am Anfang kommt man sich dabei vor wie ein Pantomime oder ein Schauspieler. Und das ist nicht schlimm. „Fake it until you make it“ [Täusche es vor, bis du es schaffst], wie Genpo Roshi sagen würde. Du spielst einfach Buddha, bis das friedvolle Lächeln sich in deine Gesichtszüge eingegraben hat. Wenn wir das äußerliche Verhalten eines Erwachten nachmachen, dann kann das Innerliche auf lange Sicht gar nicht anders, als diesem Trend zu folgen. Man kann ja mal in schwierigen Alltags-Situationen seine immanente Weisheit aktivieren, indem man sich fragt: „Was würde wohl Jesus, Buddha oder Sokrates in dieser Situation tun?“ Und dann spielst du einfach die Antwort, die dir kommt und schaust – im Psychologen-Slang ausgedrückt – „was das jetzt mit dir macht“. Denk jetzt nicht darüber nach, sondern setze es um.
Wir kennen das ja auch aus der Autosuggestion bei Entspannungsverfahren. Man sagt sich, dass der Arm jetzt „ganz schwer wird“ und dann ist das so: Der Arm wird schwer.
Eine andere Weise es auszudrücken beginnt mit „ICH BIN“. „ICH BIN“ ist reine 1. Person und alles, was man konsistent und ausdauernd an diese zwei Worte dranhängt wird irgendwann zur geronnenen Erfahrung.
Normales Denken geht so: „Wie komme ich dahin, wo ich hin will?“ Wir kennen es aus verschiedenen Eso-Klischees, aber es trägt einen Kern der Wahrheit: dieses Denken trennt dich von den Ergebnissen ab, die du dir wünschst. Es setzt immer schon eine Getrenntheit vom Ziel voraus, die es zu überwinden gilt. Dadurch schiebst du das Ziel weg. Du sagst dem Universum „ICH BIN jemand der sich XYZ wünscht“ und das Universum sagt „ja, bitteschön – hier hast du die Erfahrung“. Deswegen ist es eine Garantie für Frustration „Erleuchtung“ in dieser Weise als Objekt da draußen zu suchen.
Du musst am Ziel beginnen. Das Ziel ist Sein , „ICH BIN“, 1. Person Erfahrung. Wenn du Reichtum wünscht, musst du zunächst kapieren, dass du bereits reich bist. Halt, falsch. Es geht nicht darum, es zu kapieren (3.Person), sondern es zu erfahren (1.Person). Wenn du erfährst, dass du bereits reich BIST, wozu solltest du noch rumrennen und dem Objekt deiner Begierde nachjagen? Du könntest einfach in dem Reichtum ruhen, der du BIST. „Ich bin reich“. Sage es einmal innerlich zu dir.
Wenn du Schwierigkeiten damit hast, frage dich einfach, wofür du in deinem Leben dankbar sein kannst. Ich garantiere dir: du bist Rockefeller persönlich.
„ICH BIN“ ist eine kraftvolle Formel, ob jetzt zur Lösung von Zen-Koans oder von Lebens-Koans im Allgemeinen. Egal, was es ist, wonach du innerlich schreist – tu mal so als wärst du es bereits („Ich bin XYZ“)und öffne dich dann der Erfahrung dessen.
Man kann nun platt ergänzen „…Multimillionär“, augenblicklich seinen Kontostand überprüfen und die Übung dann abbrechen.
Zum Glück funktioniert sie einwandfrei in Bezug auf das höchste und edelste Objekt menschlichen Strebens und Trachtens: „Erleuchtung“ „Befreiung“, „Verwirklichung“, „Erwachen“, oder wie auch immer man es nennen mag.
Du, bzw. „je ich“ b/ist:
LIEBE
DANKBARKEIT
DEMUT
WEISHEIT
DAS ALPHA UND DAS OMEGA
NIRVANA
DAS HIMMELREICH GOTTES
DER EWIGE FRIEDEN
DAS KLARE LICHT DES GEISTES
…
Die Meister aller Zeiten erklären uns mit großmütterlicher Geduld, dass wir das niemals erreichen können- aus gutem Grund: du bist es bereits. Du kannst deine Füße nicht erreichen – du hast schon welche. Spring einfach in die erste Person und erfahre es. „ICH BIN“ hilft dir dabei. ICH BIN ist Schöpfung pur und du bist nach dem Angesicht des Schöpfers gebaut. Nimm es ernst. Nimm DICH ernst.
KAFKA: „Was wir Weg nennen ist bloß Zögern“ – Es gibt keinen Scheiß Weg! Kapier es, du Zaunpfahl!
Auch Douglas Harding hatte diese großmütterliche Geduld. Er hat den Leuten unmittelbar gezeigt, wie sie Experimenten ihre formlose 1.Person-Natur direkt sehen können. Er nannte es den „Weg der Kopflosigkeit“, weil das direkte Sehen, dass du in diesem Augenblick keinen Kopf dort hast (aus der 1. Person) wo andere ihn sehen (aus der 3. Person). Viel spannender als die Kopflosigkeit ist, dass du, wenn du die Aufmerksamkeit an diesem Punkt nach innen wendest, sehen kannst, dass DU der Raum bist, in dem alle Dinge entstehen und vergehen.
DU bewegst dich nicht – die Welt bewegt sich. Du bist die Leinwand des Kinos auf dem der Film deiner Persönlichkeit abläuft. Du bekommst eine neue Option: du kannst dich weiter mit dem vergänglichen 3. Person Objekt dort drüben im Spiegel identifizieren (und leiden) oder du kannst dich zu deiner wahren Natur als (ungeborene) 1. Person HIER bekennen. Du kannst es nicht langsam analysieren und nach und nach kapieren, sondern nur unmittelbar direkt erfahren. Mach die Experimente und schau nach!
Des Rätsels Lösung … bist DU!
0 Kommentare